Mittwoch, 22. Juni 2011
Die Euphorie einer offenen Kehle
Heute ist es mal nicht so lustig. Mir dröhnt der Schädel, es will nicht aufhören zu regnen. Ich gehe nicht zum Sport, mal wieder, weil mein Magen nicht will. Dadurch ist mein Trainer enttäuscht von mir und schon wieder versage ich.
Als ich heute xbox spielte, hatte ich einen leichten Rückfall ins Gegen-den-Kopf-schlagen. Bei Assassin's Creed II sind es nicht die Attentate, die meine Anspannung explodieren lassen, nein, die find ich toll und es ist geradezu lustig hier und da jemanden ohne Aufsehen abzumurksen. Es sind die Sequenzen, in denen man komplizierte Sprungtechniken anwenden muss (Suche nach den Gräbern, für alle Insider). Eigentlich liebe ich diese Geschicklichkeitsarbeit, aber wenn ich zum zehnten Mal abstürze, obwohl ich meiner Meinung nach die richtige Tastenkombination gedrückt habe, dann... naja, ruft die Stirn nach Faust oder Gamepad. Der Weg zu den Skills war zu weit, das nächste Mal stelle ich die Chili neben meinen Platz, wenn ich spiele.
[Achtung - folgender Abschnitt könnte ein Trigger für den Leser sein!]
In den letzten Tagen ist meine Anspannung generell höher und meine Geduld kurzlebiger. Ein paar neue Verestümmelungsgedanken sind dazugekommen, einer war total abstrus, aber ich hab ihn ausnahmsweisemal vergessen. Der andere war mir die Kehle genau unterhalb des Unterkiefers aufzuschneiden und dann mit der Hand reingreifen in die offene Wunde, wenn alles da rausfließt. Euphorie, Glück, Befriedigung. Nicht viel, aber weit mehr als eine Woche sonst insgesamt zu bieten hat.
Pervers, nicht wahr, was das Hirn alles unter "angenehm" abspeichern kann, selbst wenn ich genau weiß, dass im Fall der Handlung davon rein gar nichts mehr angenehm wäre. Doch die Vorstellung ist Kratzen, wenn es juckt - eine Erleichterung.
[Trigger vorbei]
Ich frage mich oft, sehr oft, was andere denken, sagen, fühlen würden, wenn sie für einen Tag ich wären, besonders wenn es mir schlecht geht. Dann würden sich wenigstens Fragen wie "Was machst du eigentlich den ganzen Tag?" "Machst du auch etwas Sinnvolles?" "Eigentlich hast du es mit so viel Freizeit doch echt gut?" nicht mehr stellen. Was ich tue? Aushalten. Trifft eigentlich die Essenz meines Lebens.
Damit ihr mich nicht missversteht: Die Fragen stellen sich mir in Gedanken ganz von alleine oder ich denke, andere würden sie denken - aber als solche gehört habe ich sie noch nicht. Es ist einfach eine weitere Variante des Sichselbstunterdrucksetzens.
Ich hätte jetzt gern ein Eis, das würde mich freuen. Und ich schaffe es nicht raus, besonders nicht bei strömendem Regen. "Du solltest kein Geld ausgeben. Du solltest nicht mehr essen." Weitere Hinderungsgründe. Das alles sind nur Ausschnitte aus dem Gefasel in meiner Birne innerhalb weniger Minuten.
Ich werde jetzt etwas altbewährtes tun: Mich in irgendeine Fantasiewelt verziehen. Solange ich dort bin (mithilfe von Stories, die ich lese), ist alles noch in Ordnung, doch wenn ich zurückkehre, muss ich den Preis bezahlen, weitere Stunden laufen die Emotionen Amok.
Hach, was soll's, das ist mein Leben und gemäß des Zen, heißt es: So ist das.

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Wahrhaftig…
Meine Hand griff intuitiv zur Kehle als du die Szene beschriebst… Schon gruselig manchmal zu beobachten, welche Wirkung die Worte Fremder in einem haben, vor allem da ich selber gerne mal Ritze und solcherlei Beschreibungen gewöhnt sein müsste… Respekt.
Das die Leute kein Mitgefühl mehr für das Leid anderer havben ist in unserer GEsellschaft gar nicht verwunderlich, leider… Aber lass dich davon nicht aufhalten. LG ;)

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